Mies-Drücker

Türdrücker von Ludwig Mies van der Rohe 
Von Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969) sind zahlreiche Entwürfe für Türdrücker Fensteroliven, Türknöpfe und Türgriffe bekannt, die bis in seine späten Schaffensjahre reichen. Allerdings ist während seiner Tätigkeit in Deutschland davon nur ein Entwurf in kleiner Serie hergestellt worden. Alle anderen Entwürfe wurden exklusiv nur für seine Bauten gefertigt.
Der erste Entwurf von Mies dürfte 1927 für die Weißenhofsiedlung in Stuttgart entstanden sein und wurde von der Firma Friedrich Haizmann, einer Eisenwarenhandlung, geliefert. Leicht verändert findet er sich 1930 im Katalog Nr. 6 der Berliner Bronzewarenfabrik S. A. Loevy als Modell Nr. 3690 wieder.
Um 1929 entstand ein weiterer Entwurf für einen Anbau an das Haus Henke in Essen. Der hochovale, leicht gewölbte Türgriff hatte auf der Innenseite eine Kuhle, die den Zeigefinger beim Greifen fixiert. Dieses Detail macht Mies zum Erfinder der Fingerkuhle, die ansonsten erst ab den 1950er Jahren bei Türdrückern gebräuchlich wurde.
Den Henke-Drücker, dessen Zeichnung sich heute im Bestand des Museum of Modern Art befindet, verwendete Mies auch in den Häusern Lange und Esters in Krefeld sowie im Haus Tugendhat in Brünn, die alle bis 1930/31 fertig gestellt wurden. Auch für die Innengestaltung des New Yorker Apartments von Philip Johnson fand dieser Drücker 1930 Verwendung, der damit quasi noch vor Mies nach Amerika auswanderte.
Neben den Türdrückern entstand 1929 für den Barcelona-Pavillon der Entwurf eines Türknopfes, der jedoch an den Glastüren dort keine Verwendung fand. Dafür dann an den Eingangstüren der Häuser Lange und Esters, für die Mies auch Fensteroliven entwarf.
Ein letztes Mal ließ Mies in Deutschland Türdrücker für das Haus Lemke fertigen, die dem Henke-Entwurf ähnelten, nur anstelle des gewölbten Griffes einen geraden Griff hatten. 
Wer die Beschläge für die Mies-Bauten hergestellt hat, ist nicht bekannt. Da Mies aber bereits seit seiner Zeit im Atelier von Peter Behrens Kontakte zu S. A. Loevy hatte, seinen ersten Drücker dort produzieren ließ und die Firma gerade auf kleine Serien spezialisiert war, ist zu vermuten, dass die Bronzegießerei auch die Beschläge für die Häuser Enke, Lange, Esters, Tugenhat und Lemke gefertigt hat. 

Nach der Übersiedlung in die USA vergehen einige Jahre, ehe ein weiterer Türdrücker-Entwurf entstand. Er ist ebenfalls im Bestand des MoMa und wurde 1950 für das Farnsworth-Haus in Plano, Illinois, angefertigt. Der Entwurf erinnert stark an den Henke-Drücker.  Ähnliche Modelle verwendete Mies später auch noch beim Bau des Illinois Institute of Technology in Chicago, z.B. an den Eingangstüren zur Kapelle auf dem Campus.
Darüber hinaus entstanden zahlreiche weitere Entwürfe, vor allem auch Pendeltür- und Fenstergriffe.

Für die Neue Nationalgalerie in Berlin entstand 1966 einer der letzten Türdrücker-Entwürfe von Mies. Er wurde von der Firma OGRO exklusiv für die Nationalgalerie gefertigt. 

Lit.: Harald Wetzel, Tür- und Fensterbeschläge von Ludwig Mies van der Rohe, unveröffentlichtes Manuskript, Dessau 2018
Mies van der Rohe-Drücker im Loevy-Katalog Nr. 6
Mies van der Rohe: Barcelona-Pavillon
Mies-Drücker im Haus Lange in Krefeld
Mies van der Rohe: Haus Lange, Krefeld
Mies-Türknopf im Haus Lange in Krefeld
Mies van der Rohe: Haus Esters, Krefeld
Mies-Drücker im Haus Esters in Krefeld
Mies-Drücker auf dem IIT Campus in Chicago
Mies-Fensterolive im Haus Esters in Krefeld
Nachguss eines Mies-Drückers im Haus Lemke in Berlin
Mies-Drücker in der Neuen Nationalgalerie in Berlin
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