Wehag

Wehag Wilhelm Engstfeld AG, Heiligenhaus
Firmengeschichte

Die Wurzeln der Firma Wehag reichen bis in das Jahr 1749 zurück. Damals betrieb Johann Peter Engstfeld bereits eine Gelbgießerei – vielleicht die erste überhaupt – im niederrheinischen Heiligenhaus. Wenige Jahre nach seinem Tod entstand 1790 die Metallgießerei Engstfeld, die ab 1792 von seinem Sohn Johann Peter Engstfeld II geführt wurde. Dessen Bruder Dieterich Engstfeld, Kupferstecher und Zeichner, fertigte 1801 das erste Musterbuch für die Gießerei an. Es dürfte als der älteste deutscher Baubeschlagkatalog gelten und fasst die Engstfeld-Produkte jener Zeit zusammen. Heute gilt das Musterbuch als verschollen und ist lediglich in einigen Exemplaren als Nachdruck aus dem Jahr 1977 noch überliefert. 

Die Gießerei entwickelte sich in den folgenden hundert Jahren bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zur bedeutendsten Metallgießerei und Baubeschlagfabrik am Niederrhein und blieb dabei immer im Familienbesitz. In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg fand unter Emil Engstfeld ein grundlegender Umbau der Fabrik zu einem modernen Gießereibetrieb statt, der das Unternehmen schließlich an die Spitze der Branche führte. Etwa zu dieser Zeit dürften auch die ersten Kontakte zwischen Engstfeld und der Berliner Bronzewarenfabrik S. A. Loevy entstanden sein. Loevy war mit damals etwa 35 Mitarbeitern nur halb so groß wie die Baubeschlagfabrik aus Heiligenhaus, hatte aber eine ausgezeichnete Modellpalette nach Entwürfen namhafter Künstler und beherrschte in Berlin den Markt. So kam es wohl wegen der eingeschränkten Möglichkeiten, die Loevy auf seinem kleinen Berliner Grundstück hatte, zu ersten Lohnfertigungsaufträgen an Engstfeld. Der erste Weltkrieg und die ihm folgenden wirtschaftlich schweren Jahre unterbrachen diese Zusammenarbeit. 
In den frühen 1920er Jahren wurde die Bronzegießerei Wilhelm Engstfeld Heiligenhaus in eine Familien-Aktiengesellschaft umgewandelt und firmierte anfangs als WEHA, später dann als Wehag. Modellseitig war das Unternehmen eher traditionell ausgerichtet. Zwar finden sich im 1927er Katalog einige interessante Art Déco-Beschläge, jedoch überwiegt das Angebot an so genannten Stildrückern, also jenen aus der Zeit des Historismus. Moderne Beschläge, dem Geist des Neuen Bauens verpflichtet, fehlten noch gänzlich. Erst mit der um 1929 von S. A. Loevy erworbenen Lizenz zur Fertigung des Gropius-Drückers begann auch bei Wehag die Ära der Moderne. Ob die Initiative zur Übernahme der Lizenzproduktion von Max Burchartz ausging, der ab 1929 für die Wehag arbeitete, ist nicht bekannt. In den folgenden Jahren modernisierte er das gesamte Erscheinungsbild des Unternehmens, entwickelte ein neues Corporate Design und entwarf mehrere Drücker- und Beschlagserien. Zu den herausragenden Arbeiten jener Zeit zählte der Wehag Katalog von 1931, der zu den 50 schönsten Firmenschriften des Jahres 1931 gehörte. Das Produktangebot war stark reduziert worden und konzentrierte sich auf ein überschaubares Sortiment moderner Beschläge. Neben eigenen Entwicklungen, wie dem Handform-Standardbeschlag (1929) und dem Einheitsbeschlag (1930) von Max Burchartz sowie dem Reichsform-Drücker (1930) von Hans Poelzig sind unterschiedlich große Modelle des Gropius-Drückers und die beiden Varianten der Frankfurter Normendrücker von Ferdinand Kramer darin zu finden. Mit dem Katalog von 1931 präsentierte sich Wehag neben Loevy als die Baubeschlagfabrik der Moderne. 
Während Loevy unter den Nationalsozialisten zur Aufgabe gezwungen wurde, konnte die Wehag ihre marktbeherrschende Position weiter ausbauen. Schon 1935 wurde die Produktion auf Leichtmetallbeschläge umgestellt, die Zahl der Arbeiter und Angestellten wuchs bis 1939 auf über 300 an. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte die Wehag noch 90 Beschäftigte. 1941 war sie in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt worden. 

Trotzt Bombenschäden ging die Produktion nach dem II. Weltkrieg weiter und schon 1949 wurde die damals modernste Induktionsschmelzanlage der Bundesrepublik in Betrieb genommen. In den 1950er Jahren erfolgten dann zahlreiche Erweiterungs- und Neubauten und die Aufstockung der Belegschaft auf über 400 Mitarbeiter. Schon 1951 war der erste Nachkriegskatalog erschienen. Wiederum von Max Burchartz gestaltet, bestimmte er über lange Zeit erneut das Erscheinungsbild des Unternehmens. Allerdings waren die strengen geometrischen Drücker der klassischen Moderne verschwunden und wurden weitgehend abgelöst von den geschwungenen Formen der Fünfziger Jahre. Die Wehag zählte bis in die 1980er Jahre zu den bedeutendsten Baubeschlagherstellern in der Bundesrepublik. Trotzdem musste das Unternehmen 1987 Konkurs anmelden, wurde aber von der neu gegründeten WEHAG-Leichtmetall GmbH übernommen. Noch im selben Jahr erfolgte dann die Übernahme durch die englische Newman Tonks Group aus Birmingham und schließlich 1989 die Übernahme durch die Firma LEMENTA GmbH, einer Tochter der Gretsch-Unitas GmbH, einem der führenden Baubeschlag-Hersteller in Europa. Damit endete die 200-jährige Firmengeschichte der ältesten Baubeschlagfabrik Deutschlands. Die Fabrikanlagen wurden 2001-2002 abgerissen und heute erinnern nur noch einige Sammlungsstücke in der Heimatkundlichen Sammlung der Stadt Heiligenhaus an die einstmals berühmte Firma. 

Wehag-Beschläge wurden meist am Führungsring des Griffhalses bzw. auf der Innenseite der Schilder mit dem Firmenlogo gestempelt. Auch Gußmarken sind bekannt. Darüber hinaus weist eine Stempelung mit dem Wort "Nicksil" - eine Weißbronzelegierung, ebenfalls auf die Firma Wehag als Hersteller hin.

Lit.: Muster=Buch für Joh. Pet. Engstfeld, 1801/1977 / WEHA, Moderne Beschläge, Haupt-Katalog, 1927 / WEHA, Neue Beschläge, Liste B, um 1928 / Wehag, Wehag 31, Hauptkatalog, 1931 / Wehag, Wehag 36, Hauptkatalog, 1936 / Wehag, Wehag 39, Hauptkatalog, 1939 / Wehag, 175 Jahre Wehag, Heiligenhaus 1965
Wilhelm Engstfeld: Musterbuch, 1801
WEHA-Katalog, 1927
WEHA, Neue Beschläge Liste B, 1928
Einheitsbeschlag von Max Burchartz
Wehag 39, 1939
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